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Die Entwicklung des Verlages Pierre Marteau/ Peter Hammer, Köln

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Von der französischen Revolution bis zum Verschwinden des Impressums

 

 

Käufer vor einem Buchladen mit der Aufschrift "Perter Hammer Libraire"
Umschlag des Intelligenzblattes zu den neuen Feuerbränden Leipzig, 1 (1808)

 

 

Der Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789, der die französische Revolution einleitete. war das Ergebnis einer langen Kette sozialer und politischer Konflikte des aufsteigenden Bürgertums mit einer Gesellschaftsordnung, die jeder weiteren Entwicklung hinderlich im Wege stand. Vorbereitet durch die Ideen der Aufklärung, fanden die Ziele der französischen Revolution auch außerhalb Frankreichs begeisterte Anhänger, die durch Klubs, Zeitschriften und Bücher für ihre weitere Verbreitung sorgen wollten oder auch ihren Aufenthalt in Frankreich selbst wählten.

Auch weniger revolutionär eingestellten Zeitgenossen mußten die Vorgänge in und um Frankreich zu denken geben, sei es die Begeisterung der französischen Volksmassen, die Reaktion der alten Feudalmächte mit Drohgebärden und Intervention oder das einfache Überdenken bisheriger politischer, sozialer und philosophischer Positionen. Die Verheißung einer neuen Gesellschaftsordnung regte die Gemüter auf vielfältige Weise an und beeinflußte die kritische Geisteshaltung der folgenden Jahrzehnte.

Gemessen an der Vielzahl der publizistischen Erzeugnisse der Zeit, die alle in der einen oder anderen Form durch die französische Revolution inspiriert wurden, macht die Produktion unter dem fingierten Impressum Peter Hammer nur einen kleinen Teil aus. Neben den Verfassern müssen hierbei auch die Übersetzer, Bearbeiter, Herausgeber, soweit sie bekannt wurden, und die Beziehungen zwischen ihnen betrachtet werden. Die Kenntnis der sonstigen Arbeiten eines Übersetzers oder Herausgebers zeigt, mehr noch als die oft nur wenigen bekannten Lebensdaten, wo seine Sympathien und Interessen lagen. Übersetzungen und Bearbeitungen nationalökonomischer, religionskritischer, philosophischer und auch belletristischer Werke haben in jener Zeit nicht nur informatorischen Stellenwert, sondern sind in der Auswahl der Titel auch Zeichen für innere Kontakte und Beziehungen. Vor allem in den ersten zehn Jahren des zu betrachtenden Zeitraumes ragt die Produktion in jene Kreise des literarischen und geistigen Lebens hinein, die aufgrund einer radikal-aufklärerischen Position mit den Zielen der französischen Revolution sympathisierten und z. T. auch jakobinischen Kreisen angehörten.

So übersetzte die Gattin des Berliner Buchhändlers und Hof buchdruckers Friedrich Unger, Friederike Unger, neben Beaumarchais' "Figaros Hochzeit" auch Guiseppe Goranis "Mémoires secrètes et critiques des cours". Ihre nahezu vollständige Übersetzung wurde Gegenstand eines Streites mit dem Verleger Campe in Hamburg, dessen gekürzte Übersetzung gleichzeitig unter dem ebenfalls fingierten Impressum Frankfurt und Leipzig erschien.

Bemerkenswert hierbei ist, daß der Originalverleger Voß in Berlin Peter Hammer als tatsächlich existierende Person zu betrachten vorgibt und scheinheilig fragt: "Wie? Sie kennen die berühmte Firma: Peter Hammer in Cölln, nicht, die schon seit einem Jahrhundert existiert? eine Firma, unter welcher noch immer fast jede Messe dieses oder jenes Buch erscheint?" (60).

Übersetzer und Verleger waren sich des Risikos bewußt, ein gegen den partikularistischen Despotismus italienischer Höfe gerichtetes Werk eines eingeschworenen Republikaners und Freimaurers zu veröffentlichen und formulieren daher mit Augenzwinkern: "Hätte der Verfasser in seinem Buche weiter nichts gethan, ..., nehmlich Fürstenhaß im Allgemeinen zu erregen; so wäre der Übersetzer nie in Versuchung gerathen, Deutschland mit diesem Werke bekannt zu machen, da er die Fürsten, wenn sie ihre Bestimmung nur einigermaßen erfüllen, liebt und ehrt ..." (61). Und am Schluß heißt es dann:

"Für Deutschland aber hat das Buch, ..., noch einen anderen wirklichen Nutzen. Wäre, wie der Übersetzer gern glaubt, auch nur die Hälfte von dem wahr, was der Französische Bürger Joseph Gorani von mehreren Italiänischen Höfen und Großen erzählt; so reichte selbst das schon hin, unsern Deutschen Bürgern Liebe zu ihren Fürsten und ihrem Vaterlande einzuflößen: zujenen, weil sie ihre Bestimmung besser erfüllen, selbst regieren und Väter ihres Volkes sind; zu diesem, weil es nicht von Despotismus gedrückt wird, für den das reitzende Italien selbst an seinem milden Klima und an so vielen Geschenken der Natur gewiß keinen Ersatz hat" (Bd. 1, S. X).

Christian August Wichmann (1735-1807) war als Übersetzer und Herausgeber von Reisebeschreibungen, praktisch-ökonomischen Abhandlungen und zeitgenössischer englischer und französischer Belletristik hervorgetreten - zu seinen Übersetzungen gehören u. a. auch Helvetius' Werk vom Menschen und der 3. Band von Adam Smiths "Wealth of Nations". Die Übersetzung der Reden des englischen Premierministers William Pitt d. J. nimmt Wichmann zum Anlaß, die französische Republik zu verteidigen (62). Er sieht den von Pitt angezettelten Krieg gegen die "Neufranken-Republik." als Mittel, "um nur alle Gedanken an mögliche Wieder-Eroberung entrissener MenschenRechte, wo möglich bei den Britten und bei allen Völkern zu ersticken" (S. 5). Die wirtschaftliche Auszehrung, die dieser Krieg mit sich bringt, wird den Ruin Englands und die Vernichtung seiner bürgerlichen Freiheiten bewirken, mit dem Kampf der Regierung gegen die von der französischen Republik verkündeten Freiheiten ist der Kampf gegen die englischen Grundrechte, die Vertretung des Volkes im Parlament und die konstitutionelle Monarchie, verbunden. Zuversichtlich folgert er nach einem Vergleich mit den Religionskämpfen der Vergangenheit:

"Die Vergangenheit hat schon mehrmals gelehret daß ein Volk, welches seinen ersten Freyheits-Krieg führte, wenn ihm das Glück auch noch so viele und noch so blutige Streiche versetzte, wenn es auch zu mehrern malen ganz zu Boden geschmettert, und nun schon die unfehlbare Beute seines Gegners zu seyn schien, dennoch aus demselben nie anders, als mit Behauptung seiner Freyheit, hervorgetreten sey" (S. 19).

Wie bereits 100 Jahre zuvor, so beschäftigte auch am Anfang der neunziger Jahre das Geschick Polens die Gemüter in Europa, besonders aber seit der zweiten Teilung im Jahre 1793. Der englische Politiker und Politökonom Benjamin Vaughan (1751-1835) und Lewis Goldsmith (1763-1846), der als Journalist, Illuminat, Freimaurer vom anfänglichen Parteigänger der französischen Revolution und Napoleons nach einer Reihe politischer Abenteuer ihr Gegner wurde, dürften untereinander im Kontakt gestanden haben, als Goldsmith im Auftrage Kocziuskos sich um eine englische Intervention in Polen bemühte. Vaughan sieht in seiner bereits 1794 mit Anmerkungen ins Deutsche übersetzten Schrift "Briefe über das Fürstenbündnis zur Teilung Polens" diesen Vorgang als das Produkt der Machtpolitik der europäischen Feudalmächte an. Das Schicksal Polens ist nach seinen Worten für die Franzosen nur erneuter Ansporn gewesen, sich den Interventionsversuchen mit um so größerer Heftigkeit zu widersetzen.

Lagen den bisherigen Schriften aktuelle Ereignisse zugrunde und standen ihre Autoren meist im Brennpunkt des Geschehens, so verdienen eine Reihe von Schriften Erwähnung, in denen sich eine fundamentalistische Kritik der Religionen, kirchlicher und weltlicher Institutionen mit Ideen der Aufklärung und der französischen Revolution in ihrer radikalen Ausprägung verbinden. Auch hier wieder aufschlußreich die Vermittler, soweit sie bekannt geworden sind.

Von radikalem kritischen Geist erfüllt ist die anonym erschienene "Geschichte aller Päpste vom Apostel Petrus an bis mit Pius den Letzten" (1798). Die Geschichte des Papsttums wird als eine Geschichte von Machtkämpfen, Intrigen und vor allem des Betrugs an den Gläubigen hingestellt - von wahrer Religion oder Religiosität ist nichts geblieben. Dabei geht es dem deutschen Übersetzer mit seiner Vorrede vor allem um eine Reinigung des christlichen Glaubens und die Ausrottung des Aberglaubens - eine Behauptung, die vielleicht auch als Schutzbehauptung zu verstehen ist:

"Unsere deutschen Leser werden, mit Abscheu gegen die enthüllten Greuel erfüllt, den feyerlichen Vorsaz in ihrer Seele erneuern, nach allen Kräften an der Vernichtung des Reichs der Finsterniß zu arbeiten, durch Erwerbung und Verbreitung gereinigter, erhabener Begriffe von Gott und unsern Pflichten die Vertilgung des seelentödenden Aberglaubens zu befördern und solchergestalt auch ihrer Seits, so viele ihrer Mitbrüder der wahren Weisheit und Tugend, den Pflegerinnen ächter Religion und wirklicher Freyheit, entgegenzuführen."

Ein leidenschaftliches Plädoyer für Wahrheit und Vernunft ist Hermann Heynichs anonym erschienene Schrift "Die armen getäuschten Juden" (1798). Er sieht die Juden als von Hoffnungen verführt an, eine Ursache ihres Schicksals und ihrer Stellung unter den Völkern. Er greift die Verblendung der Deutschen durch bezahlte Lohnschreiber an und fordert von den Gelehrten, voll und ganz der Wahrheit zu dienen, auch dann, wenn nicht, "wie z. B. unter der Regierung Friedrichs des Einzigen, des aufgeklärtesten unter allen, die jemals Kron und Scepter getragen haben, wo jeder seine Behauptungen, seine Grundsätze, seine G-esinnungen so freymüthig und unverhohlen der Welt darlegen konnte, als er wollte; wo jeder glauben und leugnen konnte, was und wie er nur wollte, ohne deßwegen Verleumdungen, Verfolgungen und andern Mißhandlungen ausgesetzt zu seyn" (S. XIX). Daraus leitet er folgenden hohen Anspruch an den Gelehrten ab:

"... wenn man die Wahrheit nicht mehr gern hört, nicht mehr leiden will, die ihr doch schlechterdings als Gelehrte sagen und lehren müßt, es koste auch, was es wolle -: wenn man jede freymüthige Äusserung verabscheut, da ihr doch schlechterdings frey und unerschrocken sprechen müßt -: wenn man die Vernunft mit ihrem Lichte verdächtig machen will, da ihr doch schlechterdings der Vernunft gleichsam huldigen und schwören müßt -; wenn man ganze Völker in ihrer fortschreitenden Cultur hemmen will; da euch doch schlechterdings die unerläßliche Pflicht obliegt, die Cultur der Völker zu befördern und immer allgemeiner zu machen -; wenn von politischen, religiösen und andern Gegenständen geschwiegen werden soll, da ihr doch schlechterdings von keinem Gegenstände schweigen dürft -; wenn das Volk getäuscht und durch Staatskniffe geschreckt werden soll, da ihr doch schlechterdings das Volk, auch mit Verlust eueres Lebens nicht selbst täuschen und nicht von andern täuschen lassen dürft - usw. Wie denn da meine gelehrten Herren? Wollten wir in einem solchen Zeitpunkt die Pflichten, deren Ausübung uns erst von andern Volksklassen auszeichnet, uns erst zu Gelehrten macht, aus Furcht von allerley Strafen und Bitterkeiten vernachläßigen und schändlich aufgeben; so sind wir durchaus keine Gelehrte weiter, und da wir nichts anders sind und seyn können; so sind wir gar nichts, und weniger als die untersten Dorfnachtwächter im Staate, die sich doch ihren Posten gemäß betragen und alle Stunden schreyen!" (S. XIX bis XXII).

Blieben in den bisherigen Schriften die Sympathien für die französische Revolution noch unter der Oberfläche, so war das bei einer Gruppe von Männern keineswegs der Fall, die neben ihrer bürgerlichen Lebensstellung mehr oder weniger offene Sympathien für die Revolution und die jakobinische Bewegung hegten. Obwohl bisher keine Beziehungen. zwischen ihnen bekannt geworden sind, zeigen sie in ihren eigenen Schriften, ihren Übersetzungen und ihrer geistigen Haltung Gemeinsamkeiten, die denen des bereits charakterisierten invisible college entsprechen. Daß es nicht genügte, mit einem fingierten Impressum allein die Spuren zu verwischen, wußten sie alle, und so können oft nur Zufälle und Finderglück Zuschreibungen sichern. Ein besonders markanter Fall ist die anonym. erschienene angebliche Neufassung von Rollenhagens "Froschmäuseler". Dem Bearbeiter ging es, wie er in der Vorrede schreibt, darum, diesen Schatz "von seinem Staube und seinen Flecken so sorgfältig gereinigt" zum Besitze des 'Volkes zu machen. Bereits Stichproben zeigen, daß die Bearbeitung, die Umsetzung in die Gegenwartssprache, mit einer Aktualisierung einherging. So heißen die Personen z. B. Herr von Krümmling, die Schlange, Kanzler; Eine Spinne oder Wanze, im Thüringer Walde: zwei Verfinsterer und Angeber; Lang-Ohr, des Königs Informator; Doktor K.rallfuß, der Uhu, Recensent; Magister Grimbart, der Dachs, ein Aufklärer; Bellin, ein rechtgläubiger Hammel, der Deutschen Großinquisitor" usw. Goedeke und Weller schreiben diese Fassung dem Juristen am Kammergericht Berlin, Christian Ludwig Stengel (1765-1802) zu, der sich außer mit juristischen Problemen auch mit älteren deutschen Sprach- und Literaturdenkmälern beschäftigt hatte. Für diese Zuschreibung spricht auch der handschriftliche Eintrag im Exemplar des "Froschmäuseler" der Universitätsbibliothek Würzburg, das aus einer geschlossen. übernommenen Sammlung von Literatur des 18. Jh. stammt. Dort heißt es, daß "der in der juristischen Literatur bekannte und im Jahre 1802 verstorbene Hoffiskal Stengel ... in seinen bürgerlichen Verhältnissen Gründe [fand], seinen Namen als Herausgeber dieser Umwandlung zu verschweigen". Gombert (63) wies jedoch aufgrund zeitgenössischer Quellen und der Belege zu seinem Wörterbuch nach, daß der bekannte Pädagoge und Verleger Joachim Heinrich Campe der eigentliche Verfasser dieses in drei Auflagen erschienenen Werkes war. Damit dürfte auch die Angabe des Druckers Herold in Lüneburg als Auflösung des fingierten Impressums nur noch von sekundärer Bedeutung sein - der eigentliche Verlag war wohl die Schulbuchhandlung Campes in Braunschweig. Campes Begeisterung für die französische Revolution und seine Schilderung in den "Briefen aus Paris zur Zeit der Revolution", (1790) war bereits als Ärgernis außerhalb der Landesgrenzen Braunschweigs betrachtet worden - noch vielmehr mußte es seine mit Anspielungen gespickte Fassung des Froschmäuseler sein. Wie es kam, daß die Urheberschaft an diesem Werk nicht nur verschleiert, sondern auch auf einen anderen Autor gelenkt wurde, muß dahingestellt bleiben.

Es waren jedoch nicht nur die offenkundigen realhistorischen Ereignisse in Frankreich und Verhältnisse auf deutschem Boden, die denen im vorrevolutionären Frankreich ähnelten, die Sympathie und Begeisterung für die "Neufrankenrepublik" bestimmten, es waren auch ideologische Einflüsse. Nachweisbar ist in diesem Zusammenhang besonders der Einfluß des aus der Pfalz stammenden radikalen Aufklärers, des Barons Thiry d'Holbach. Auch wenn er Zeit seines Lebens in Paris lebte und zu Lebzeiten keine seiner Schriften unter seinem Namen erschien, so fanden seine Ideen Verbreitung vor allem im deutschen Südwesten, aber auch darüber hinaus. So übersetzte und kommentierte der Fürstlich Speyerische Hofrat und Kammerprokurator zu Bruchsal, Ehrhart von Leth, Holbachs "Politique naturelle", die mit einem harmlos klingenden Titel und dem fingierten Impressum Germanien 1795 bei Claß in Heidelberg erschien (Commentar über die natürliche Politik oder über das Werk La politique naturelle). Ebenfalls anonym erschien das Werk 1796 und 1798 unter, dem bezeichnenden Titel "Das Grab aller Despoten" bei Peter Hammer. Leth gehörte nach den Forschungen Heinrich Scheels zum Kreis der süddeutschen Jakobiner, der auch in Verbindung zu revolutionären Zirkeln Ulms stand und durch französische Soldaten davor bewahrt wurde, von Soldaten der österreichischen Interventionsarmee aus seiner Heimat verschleppt zu werden (64). Leth wird auch die Autorschaft an der Broschüre "Die Zeichen der Zeit oder die letzten Zuckungen des Adels und der Pfaffen in Bayern" (Köln: Hammer Jahr IX) zugeschrieben, die zu den zahlreichen, im Süden und Südwesten Deutschlands entstandenen Flugschriften gehört (65). Daß ihre Verbreitung nicht auf diesen Raum beschränkt blieb, zeigt der zeitgenössische Registraturvermerk im Weimarer Exemplar.

Holbach war auch von Einfluß auf den Justitiar und Kammerfiskal zu Marienwerder, Christian Ludwig Paalzow (1753-1824), der dessen "Système social" unter dem Titel ",Geschichte der menschlichen Ausartungen und Verschlimmerungen durch das gesellschaftliche Leben" 1795 übersetzte und in Altona erschein,en ließ. Wie vor ihm Holbach Ins Französische, so übersetzte Paalzow auch John Trenchards 1709 anonym erschienene "Natural history of superstition" ins Deutsche und versah sie mit eigenen Fußnoten. Diese Schrift richtet sich gegen alle Religionen gleichermaßen, sie werden mit dem Aberglauben gleichgesetzt und als Quelle der Tyrannei, der Sittenverderbnis und des Unglücks der Völker angesehen. Besonders angegriffen und mit zahlreichen Beispielen aus der Geschichte belegt wird die Verquickung von weltlicher und geistlicher Macht. Gegenmittel sind Gerechtigkeit, freies Denken, das Befolgen der Gesetze der Vernunft und der -Aufklärung. Hier wird ein Idealbild entworfen, das zwar fern der Realität auch des Jahres 1796 war, das aber z. B. mit seinen Schlußworten etwas von den Hoffnungen ahnen läßt, die die Zeitgenossen bewegten:

"Gerechtigkeit, Vernunft, Tugend und Talente können allein den Thron der Regenten und die Wohlfarth der Staaten befestigen. Ohne Gerechtigkeit ist keine Sicherheit für die Regierungen und keine Freyheit für die Bürger; ohne Freyheit weder Vernunft noch Aufklärung, noch Thätigkeit; ohne Vernunft keine Sitten, und ohne Aufklärung und ohne Sitten kann kein Staat weder glücklich noch mächtig sein" (S. 360).

Die Verbindungen, die sich hier zwischen Holbach und seinen Übersetzern von Leth und Paalzow einerseits, zwischen der Wahl Trenchards zur Übersetzung durch Holbach und Paalzow andererseits ergeben, lassen ein Netz geistiger Beziehungen erkennen, die nicht nur den deutschen Süden und Südwesten erfaßt hatten, sondern auch nach Preußen hineinreichten. Vermittelnd mögen hier die in Paris ansässigen Deutschen gewirkt haben, aber auch jene jakobitischen Publizisten wie J. A. Rebmann, die über den Verlag Gottfried Leberecht Vollmers im dänischen Altona ihre Schriften im ganzen deutschen Sprachgebiet vertrieben. Nach einem wechselvollen Schicksal, das ihn seinen Häschern oft nur knapp entgehen ließ, wurde Rebmann zum Herausgeber einer eigenen jakobinischen Zeitschrift, "Das neue graue Ungeheuer", als deren Beilage von 1798-1801 das "Kameleon" erschien, eine Zeitschrift, wie es im Untertitel heißt, "für Fürstentugend und Volksglück". Was darunter zu verstehen ist, wird in der Vorrede zur ersten Nummer gesagt: "Für Fürstentugend schreibt man, wenn man die Laster der Fürsten aufdeckt damit sie sich bessern - für Volksglück - wenn man die Quellen seines Elends zeigt, damit sie verstopft werden können". In diese Zeit fällt auch der Beginn seiner Tätigkeit als Richter in Mainz und anderen Orten dieses linksrheinischen Gebiets, die er bis an sein Lebensende 1824 ausübte. Es mag seinem Wirken zuzuschreiben sein, daß der wegen seiner schriftstellerischen Tätigkeit aus seinem Amt als Hofprediger in Meerholz (Kr. Gelnhausen) entlassene H. C. Schiede (Cosmopolitische Wanderungen eines Zigeuners. 1806) 1802 hier auch eine Stelle als Landprediger fand, die ihm die weitere publizistische Tätigkeit gestattete (vgl. Litterarische Blätter, 2 (1803) 10, S. 175).

Die hier vorgestellten Werke aus dem "Verlag" Peter Hammer zeigen beispielhaft, daß für die Ereignisse in Frankreich Sympathien auch dort existierten, wo diese sich nicht in einem direkten Bekenntnis zu artikulieren wagten - daß es gerade Juristen und Verwaltungsbeamte wie von Leth, Paalzow, der schon erwähnte Johann Christoph Koch oder nationalökonomisch engagierte Autoren wie Wichmann waren, zeigt, daß die innere Zugehörigkeit zur feudalabsolutistischen Ordnung, die Identifizierung mit ihr, nicht länger bestand, wie es auch das Beispiel des württembergischen Beamten Friedrich Bernritter zeigt, der im Habit des treuen Staatsdieners seine satirischen Schriften über die inneren Verhältnisse Württembergs unter dem Schutz von Pseudonymen und Anonymen veröffentlichte (vgl. sein Kasimir Randglosse: Reden und Dialogen hinten an. ein Hauptbüchlein. 1788). Deutliche Reflexe der politischen Entwicklung unter dem Eindruck des Vorstoßes der französischen Revolutionsarmee auf deutsches linksrheinisches Gebiet und die sich ausbreitende jakobinische Strömung vermitteln auch die anonym erschienene "Reise von Mainz nach Cöln im Frühjahr 1794 in Briefen" (1795) und F. C. Laukhards "Schilderung der jetzigen Reichsarmee" (1796).

Auch die Belletristik der Zeit blieb von den Vorgängen nicht unberührt. Elemente des zeitgenössischen Unterhaltungsromans vermischen sich mit antifeudalistischen Zügen wie in "Aufrichtige und interessante Geschichte einiger Pommerscher Edelleute und ihrer geheimen Agenten und Anhänger" (1795). Auf dem Titelkupfer sieht man durch eine Baumlücke ein brennendes Schloß; Krone, Kreuz und Szepter liegen herrenlos auf der Erde. Der Erzähler, Kind armer Eltern, wird Schreiber bei einem gebildeten Baron. Aufgrund von Intrigen des Diebstahls bezichtigt, muß er fliehen und lebt unter wechselnden Verkleidungen u. a. in Stargard, wo er sich mit literarischen Versuchen beschäftigt. In einer zunehmend verwickelteren Handlung wird am En,de auch sein ehemaliger gütiger Brotherr als Schurke entlarvt, durchtränkt vom "Gift des Rittergeistes".

Wenn auch mit dem Aufstieg Napoleons zur Macht und den einsetzenden Eroberungskriegen den iakobinischen Ideen und den Bestrebungen zu ihrer Verwirklichung der Boden entzogen wurde, so wirkten die Denkanstöße der französischen Revolution doch weiter. Sie manifestierten sich in einer radikal-kritischen Sicht bestehender Verhältnisse, die nicht so sehr auf deren Veränderung als auf eine moralischen und ethischen Prinzipien entsprechende Erneuerung der Gesellschaft abzielte. Prototyp dieser Haltung ist Friedrich von Coelln (1766-1820), der seit 1790 in preußischen Staatsdiensten stand und aufmerksam die innere Entwicklung des Landes verfolgte. Als Bewunderer Friedrichs II. maß er die Tätigkeit seiner Nachfolger, ihr innen- und außenpolitisches Wirken an der Regierungszeit dieses Monarchen. Von Coellns Vorschläge und Ideen, der inneren Erstarrung und dem Niedergang Preußens zu entgehen, stießen auf Ablehnung, seine Schriften trugen ihm einen Prozeß ein, der später durch den preußischen Kanzler Hardenberg niedergeschlagen wurde. Als persönliches Bekenntnis ist die Vorrede zu "Wien und Berlin in Parallele" anzusehen, sie enthält auch die Motive für seine publizistische Tätigkeit:

Der Krieg brach aus, und unter meinen Augen sah ich durch wenige Schläge einen Staat vernichtet, der sonst so glücklich gewesen war; ich sah, wie die Bewohner sich um den Besitz der Ruinen wüthend bekämpften; wie sie alles verriethen, entweihten, entheiligten, alle Gefühle der Ehre verläugneten. Ich ergriff noch einmal die Feder, um gegen Mißbräuche anzukämpfen; der Kerker war mein Lohn. Ihm kaum entronnen, eilte ich hinweg von der Scene in das Land des Friedens (d. i. Österreich - K. K. W.). Was ich auf dieser Reise gedacht, gesehen und bemerkt habe, das enthalten die folgenden Briefe" (S. Vll-VIII).

Was er auf dieser Reise durch die von Preußen annektierten ehemals polnischen Teile, die sog. Neumark, und durch Schlesien sah und beschrieb, schuf ihm keine Freunde. Er schilderte die Bereicherung an konfiszierten polnischen Gütern, die Korruption und Kollaboration, kurz all die Mißstände, die den "preußischen Tugenden" diametral entgegengesetzt waren. Er vergaß aber auch nicht, jene pflichtbewußten, ehrlichen, allen Anfechtungen widerstehenden Männer im Heer und im bürgerlichen Leben zu erwähnen, die auch ohne den Befehl einer höheren Instanz zu handeln verstanden zum Wohle ihres Landes. Mit seinen in dichter Folge erschienenen, meist von ihm allein bestrittenen periodischen Schriften "Vertraute Briefe über "die innern Verhältnisse am Preußischen Hofe seit dem Tode Friedrichs II." (1807-1809) und den als "Marginalien" dazu erschienenen "Neuen Feuerbränden" (1807-1808) trug er dazu bei, die Reformvorstellungen zu popularisieren, wie sie von Stein, Hardenberg, Voss, Bülow und andere zu formulieren begonnen hatten.

Verleger all dieser Veröffentlichungen war Brockhaus, der sie über seine neugegründete Firma oder über seinen Kommissionär Gräff in Leipzig vertrieb. Als Außenseiter des etablierten Leipziger Verlags- und Sortimentsbuchhandels, der unter den schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen napoleonischer Fremdherrschaft und der damit einhergehenden Kommunikationskontrolle litt, wurde er als Konkurrent und wegen geschäftlicher Gepflogenheiten als gefährlich angesehen. Auf ihn zielen daher die Äußerungen und Gutachten der "Leipziger" Buchhandlungsdeputierten aus dem Jahre 1811, besonders von Carl Friedrich Enoch Richter, in denen weniger die Gesinnung des "königlichen Kaufmannes" als des kleinlichen Krämers zum Ausdruck kommt:

"Gleiche Strafe der Confiscation m-üßte dann auch auf den Gebrauch einer erdichteten Firma folgen, wie z. B. einige Zeit lang die bekanntlich sehr genutzte: Firma Cölln, bei Peter Hammer, gewesen sey, und es würde daher auch die Verordnung nöthig seyn, daß derjenige Buchhändler, welcher ein Buch mit einer fremden hier nicht notorisch bekannten Firma debitire, für die wirkliche Existenz der letzteren stehen und haften müsse" (66).

Im Kampf um die Einführung eines Konzessionswesens für Verleger und Buchhändler, wie es in Preußen bestand, wurde in einem Gutachten Brockhaus namentlich genannt:

"Hr. Brockhaus der nur erst in diesen Jahre mit seinen Gläubigern accordirte und 30 auch 40 pCto zu zahlen versprach, aber noch bey weitem nicht bezahlt hat, brachte ebenfalls zwey Bücher unter der so verrufenen Firma: Coelln bey Peter Hammer, und versande sie an die Buclihandlungen unter seiner Handlungs-Firma: Industrie-Comtoir in Amsterdam und Leipzig. - Wir zittern für die traurigen Folgen welche für den Leipziger Buchhandel, die Erscheinung von Vier solchen confiscablen Büchern in Leipzig bei jetzigen Zeiten haben kann" (67).

Die "Vertrauten Briefe" und die "Feuerbrände" mit ihren orangefarbenen, z. T. mit Kupfern geschmückten Umschlägen erregten erhebliche Kontroversen unter den Zeitgenossen. Charakteristisch ist, daß nicht nur die "Vertheidigung des großen Cölln wider seine Todfeinde" (1808), sondern auch "Ein Wort im Vertrauen an den Herrn Peter Hammer von Cöln" (1807) und ein "Feuerbrand zu den neuen Feuerbränden" (1809), die beide ohne Impressum waren, den gleichen orangefarbenen Umschlag zeigen. Es ist hier nicht der Ort, über von Coelln und seine publizistische Tätigkeit zu urteilen, doch zeigt das im Anhang zu "Ein Wort im Vertrauen ... " abgedruckte Gedicht "Die Klugen im Lande" etwas von der Stimmung gegen ihn und den "Verlag", in dem es heißt:

Den bescheidenen Sinn, weit wirft er ihn weg,
was soll er sich grämen und schämen,
über alles spricht ab er verwegen und keck,
gern werden Verleger es nehmen, Pasquille zu drucken in dieser Zeit
ist Peter Hammer ja immer bereit (S. 70).

Der Widerstand gegen Napoleon und seine Herrschaft zeigte sich auch in solchen Werken wie "Paris zur Zeit der Kaiserkrönung" (1805), Johann Friedrich Reichardts zusammen mit dem deutschen Emigranten in Paris, Gustav Adolf von Schlabrendorff, herausgegebenen "Napoleon Buonaparte wie er leibt und lebt" (1806), "Actenstücke und Materialien zu der Geschichte des großen Kampfes um die Freyheit Europas in den Jahren 1812 und 1813" (1813-1814) und in einem Auszug aus Lewis Goldsmiths 1806 bereits in deutscher Übersetzung erschienener "Secret history of the cabinet of Bonaparte".

Der auf dem Gebiet populärer Unterhaltungsliteratur sehr produktive Verleger Basse in Quedlinburg brachte, als es nicht mehr riskant war, zwei gegen Napoleon und seine Verwaltung gerichtete Schriften heraus. "Dornenstiche für Napoleon und Hieronymus Bonaparte" 1814) enthält u. a. am Ende eine Reihe elegischer Landschaftsschilderungen, die unter dem Eindruck des Rußlandfeldzuges entstanden sind. Johann Andreas Christian Hildebrandt, Verfasser einer großen Zahl populärer Unterhaltungsromane, die meist in der deutschen Vergangenheit angesiedelt sind, schildert in "Daniel Fuchs, der große Staatsmann" (1815) die Herrschaft eines von Napoleon eingesetzten Kantors als Munizipalrat und seinen Sturz, als Preußen siegt - ein insgesamt amüsantes Zeitbild.

Die deutschen Schriftsteller der Zeit, die ihre Streitigkeiten untereinander ausfochten, bedienten sich wiederholt des Namens Marteau/Hammer. So richtete sich die von Varnhagen van Ense verfaßte Sammlung kurzer Gedichte und Epigramme "Testimonia Auctorum de Merkelio" (1806) gegen den Dichter und Mitherausgeber des "Freimüthigen", Garlieb Merkel, der mit scharfer Feder, oft -aber ungerechtfertigt, Goethe und die Romantiker angegriffen hatte. Auch Kotzebue, der Herausgeber des "Freimüthigen", wurde durch die Travestierung seines Rührstückes "Die Hussiten vor Naumburg" durch Siegfried August Mahlmanns "Herodes vor Bethlehem" lächerlich gemacht. Gegen die romantische Schule, vor allem aber gegen Novalis, Schlegel, Tieck und die Schriftstellerinnen der Zeit wandte sich die "Comoedia Divina" (1808), die wohl fälschlicherweise dem Heidelberger Aesthetik-Professor Schreiber zugeschrieben wird (vgl. Franz Blei in der Fußnote zum Nachdruck). Ein Possenspiel, Gedichte und Aphorismen, teils aus dem Zusammenhange gerissen, teils variiert, bilden zusammen mit den Anmerkungen ein oft geistvolles Pamphlet und Zeitzeugnis.,

Eine der Vorreden dieses Werkes ist von Joseph Görres, der nicht nur hier, sondern auch in seiner kleinen Abhandlung "Schriftproben" (1808) sich des Pseudonyms Peter Hammer bediente. In verschiedenen Schriftgraden werden seine teilweise aphoristischen, stilistisch scharfgeschliffenen Äußerungen zu Zeiterscheinungen zusammengefaßt, von denen als Probe folgende zitiert sei: "Wohlan: ein Mann ein Wort, viel Mannen ein Buch, alle Bücher Journale, heute im Fluge, morgen Maculatur" (S. 16).

Noch einmal zeigte die Periode zwischen 1790 und 1820 eine Belebung der Produktion unter fingiertem Impressum. Ursache waren nicht allein äußere Umstände, sondern auch ein geschärfter kritischer Blick in die Vergangenheit, wie er besonders im Umfeld der französischen Revolution, aber auch der deutschen Romantiker sich ausbildete. Wenn in der Folgezeit die Verkleidung unter fingierten Impressa wie Peter Hammer zurückging, so liegt das einerseits in den verschärften Zensurbestimmungen, zum anderen in der ökonomischen Machtposition der Verleger, die ihnen eine Stärke verlieh, die in früheren Zeiten unbekannt war. Verbunden mit persönlichem Mut und Charakterfestigkeit waren sie in der Lage und willens, gegen die Behinderungen des Vertriebs ihrer Produkte den Kampf aufzunehmen und auch durchzustehen. Das Gefühl für den Wert eines guten Namens, der, im Impressum stehend, beim Käufer warb, hatte sich noch stärker entwickelt - Namen wie Cotta, Brockhaus, Campe usw. garantierten einen gewissen gleichbleibenden Standard in Inhalt und Ausstattung. Hier konnte der Name Peter Hammer, mit dem so viele aufsehenerregende und skandalumwitterte Veröffentlichungen verbunden waren, nicht länger dienlich sein. Deshalb finden sich in der Folgezeit nur noch einige wenige Veröffentlichungen, für die eine solche Tarnung erwünscht war oder mit der auf das "Bedenkliche" der Schrift aufmerksam gemacht werden sollte.

Franz von Spaun, der 1788 wegen einer als staatsgefährlich angesehenen Schrift zehn Jahre inhaftiert worden war, veröffentlichte das zweite Heft seiner "Bemerkungen über die wichtigsten Verhandlungen der bayrischen Stände-Versammlung" unter dem Impressum Peter Hammer. Die Wahl des Namens war nicht nur im Hinblick auf sein früheres Schicksal verständlich, sondern auch wegen des Inhalts; er spricht sich in leidenschaftlichen Worten für die Preßfreiheit aus und führt dafür Beispiele aus Österreich und Frankreich an. In subtiler Ironie führt er aus, daß in Bayern von den Folgen der "Preßfreiheit" nichts zu befürchten sei: "Die Gnade des Königs hat uns ja alles gewährt, was wir wollen, und wird uns auch das gewähren, was uns zu wünschen übrig bleibt" (S. 41). Er sieht in der Gewährung der Preßfreiheit in Bayern das Mittel, Aufklärung und politische Bewegung auch in die Nachbarländer zu bringen, wenn die dortigen Zustände in Bayern erörtert werden:

"Erlaubt unser König die seinigen zu bekritteln, so müssen sichs die fremden Potenzen auch gefallen lassen, daß die ihrigen bekrittelt werden. Daß daraus kein Unheil für ihre in seeligmachender Unwissenheit, blinden Glauben und Gehorsam vom vegetirenden Unterthanen entstehen, können sie durch ihre Censur-MautCordons-Anstalten verhüten. Sie können dem unwillkommenen Lichte durch eine Chinesische Mauer den Eingang verwehren,. Dennoch wird es einst, wie die Tartarn, gewaltsam einbrechen, und die Löschhörnler werden es nicht verhüten können. Die Würmer, welche die in den Censurgewölben aufgethürmte Bibliotheken fressen, werden Leuchtwürmer werden, und die gefährliche Wahrheit verbreiten, daß Gott d ie, welche Nichts haben, nicht geschaffen habe, um die zu füttern, die Alles haben, und man auch in der katholischen Religion seelig werden könne, wenn man keine Klöster stiftet und ein Heer unnützer Kirchen-Präbendare besoldet" (S. 42).

Als Schauspieler, Bühnenautor, Vorleser und Verfasser von Gedichten über seine schlesische Heimat hatte sich Carl von Holtei bereits einen gewissen Ruf und die Gunst des zeitgenössischen bürgerlichen Publikums erworben, als er 1834 anonym seine Version des "Don Juan" veröffentlichte. Nach eigenen Worten durch Mozarts Musik angeregt, war sein Ziel "Den Irrthum einer großartigen Persönlichkeit, die hochbegabt dennoch in Wollust untergeht, konsequent durchzuführen" (S. V). Wie wenig er mit diesem Stück, das sich um eine neue Sicht des Helden bemüht, dem Geschmack und dem Verständnis auch späterer Kritiker entsprach, zeigt das Urteil der Bearbeiter in Goedekes Grundriß 9, 498 aus dem Jahre 1910:

"Don Juan ... das an sittenlosem Schmutz weit mehr aufgenommen hat, als eine grobe Auffassung der mit dem Namen des Titelhelden allenfalls verbundenen Vorstellungen rechtfertigen oder entschuldigen kann."

Aus dem Umkreis reformerischer Bestrebungen im Gefolge der Ereignisse von 1848 stammt die anonym erschienene Schrift Karl Moerings "Des Oesterreichers richtiger Standpunkt". Ihr Verfasser, ein um den Ausbau des österreichischen Eisenbahn- lind Befestigungswesens verdienter Mann, verfaßte in den vierziger Jahren eine Reihe politischer Schriften, die die innere Lage Österreichs erörterten, und gehörte dem Parlament in der Paulskirche an. Da er sich aufgrund seiner Stellung nicht politisch betätigen durfte, erschienen seine Schriften anonym. In der vorliegenden Broschüre spricht er sich gegen den in seinem Lande herrschenden geistigen Druck aus und entwickelt Idealvorstellungen einer konstitutionellen Monarchie. Reformen und Konstitution sollen als Geschenk des Monarchen von oben kommen.

Mit der allmählichen Wiederentdeckung des 17. Jh. und der Veröffentlichung bibliophiler Nachdrucke der Literatur der Zeit um 1900 wurde auch dieses Impressum wieder bekannter - es nimmt daher nicht wunder, daß der Inhaber des Insel-Verlages Leipzig, Anton Kippenberg, als Privatdruck eine Sammlung seiner Schüttelreime mit dem Impressum "Druckts Peter Hammer zur Stadt Cölln 1932" erschienen ließ.

An die politisch-soziale Komponente der Verlagsproduktion wurde mit der Gründung des Peter-Hammer-Verlages in Wuppertal angeknüpft. Die Inhaber versuchen, soweit erkennbar, sie in ihrem Verla.gsprogramm aktueller tagespolitischer Literatur zur Geltung zu bringen (68).


 

Anmerkungen

  1. Gorani, G.: Geheime und kritische Nachrichten von den Höfen, Regierungen und Sitten der wichtigsten Staaten in Italien. - Bd. 3. - Cölln: Hammer 1794, S. XIX.
  2. Ebda. - Bd. 1. - S. VII-VIII.
  3. Wilhelm Pitts des jüngern verkehrte Minister-Streiche. - Cöln: Hammers Erben 1795.
  4. Gombert, A.: Der Verfasser des Neuen Froschmäuslers vom Jahre 1796. in: Zeitschrift f. deutsche Wortforschung 1 (1901), S. 32-37.
  5. Scheel, H.: Süddeutsche Jakobiner. - Berlin 1962, S. 577.
  6. Maenner, L.: Bayern vor und in der französischen Revolution. - Berlin u. Leipzig 1927, S. 230; Scheel, Süddeutsche Jakobiner, S. 675.
  7. Kirchhoff, A.: Ursprung und erste Lebensäußerungen der "Leipziger" Buchhandlungs-Deputirten (Die französische Sperre von 1811). in: Archiv f. Geschichte d. deutschen Buchhandels 17 (1894), S. 341.
  8. Kirchhoff, A.: Aus den Anfängen der Thätigkeit der Leipziger Buchhandlungs-Deputirten (Anstreben des Concessions-Wesens). in: Archiv f. Geschichte d. deutschen Buchhandels 18 (1896), S. 240. Es handelt sich um "Handzeichnungen aus dem Kreise des höhern politischen und geselligen Lebens" (1811) und Alfieri, V.: Denkwürdigkeiten aus dem Leben (1812, erschienen 1811).
  9. Schreiben an den Verfasser. Nicht in diese Traditionslinie gehört der Hammer-Verlag, der vor und nach dem 1. Weltkrieg militaristische und präfaschistische Literatur herausgab.

 

Literatur