Amaranthes, Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon (Leipzig: J. Fr. Gleditsch: 1715), Sp.899-900. Hüner junge mit Mandeln, gefüllet und gebraten,
 
[Nehmet sauber geputzte junge Hüner, und zwar solche, denen die Haut nicht zerissen worden, machet ihnen dieselbe über die gantze Brust, auch unten nach denen dicken Beinen loß, und wenn etwa diese Hüner über Nach liegen bleiben, und ihnen die abgelöste Haut wieder anbacken sollte, so leget sie nur auf eine halbe Stunde in laulicht Wasser, das wird die Haut bald wieder loß weichen.] Hernach ziehet ein halb Pfund Mandeln ab, stoßet solche klein im Mörsel, und thut sie in einen Tiegel, werffet auch ein wenig Semmel, die in Milch geweichet worden, drein, schlaget 2. biß 4. Eier hinein, rühret es durch einander, würzet solches mit Muscaten-Blüten, Zucker und ein wenig Saffran, last ein Stück Butter zergehen, und diese auch drunter lauffen. Hierauf füllet die Hüner zwischen die Haut und Fleisch, bindet solche am Halse mit einem Faden zu, blachieret sie ebenfalls ein wenig in siedenden Wasser, als wie die so mit Krebsen gefüllet, Nach diesen speilert dieselben, stecket sie an einen Spieß, legt solche zum Feuer, und lasset sie gantz gemählich braten, begießet sie öffters mit Butter, damit sie fein eine Gold-Farbe bekommen mögen. Sollten sie aber zu braun werden, welches bey dieser Fülle leicht geschehen kann, so bindet Papier mit Butter bestrichen darüber so werden sie schön und gut. Endlich richtet selbige nach eurem Belieben und aufs zierlichste an, so gut ihr könnet; denn solche Essen werden doch nicht bey ordinairen Mahlzeiten gemachet, es müste denn in einer großen Küche seyn.
Dieses Rezept verlangt einige handwerkliche Fertigkeit. Die Haut vom Huhn zu lösen - ohne sie zu zerreißen, das muß mit Fingerspitzengefühl getan sein. Mit den Händen in den Hals hinein, mit den Fingern zwischen Fleisch und Haut Platz schaffen... ich ging auch von unten in das dort offene Huhn, löste es rundum... Zuweilen ist die Haut angewachsen - man kann mit einem Messer nachhelfen, das man unter der Hand ins Huhn schiebt. Sicherlich ist das eine Aufgabe für Chirurgen. Nachmittags damit anfangen! - das erspart Ängste. Die Fülle sollte man ruhig süß machen - beim Abschmecken an einen Kuchenteig denken. Sehr vorsichtig ist mit den Muskatblüten umzugehen. Nimmt man zuviel, schmeckt das Essen muffig - also nur eine Spur. Der Teig sollte insgesamt zähflüssig werden. Das Huhn muß man am Ende, auf daß die Füllung nicht herausquillt, sorgsam zunähen - ein ungefärbtes Baumwollgarn empfiehlt sich. Ich habe das Tier nicht "aufgespeilert" sondern nur so im Ofen gebraten bei 150-180°. Hier muß man regulieren - und wiederholt mit Butter bestreichen, so daß die Haut fettig bleibt, denn sie sollte eben nicht reißen. Die Fülle, die unter der Haut und über dem Fleisch liegt, hält das Fleisch saftig und gibt den guten Mandelteiggeschmack direkt ins Fleisch ab. Man kann Spätzle und etwas mit Butter gekochtes süßes Dörrobst dazu reichen.