Meletaon, Teutsches Briefe-Cabinet (1713)
From Marteau
Das| Neu-Eröffnete| Teutsche Briefe| CABINET,| Worinnen| Gründliche und deutliche Nachricht| zu finden, was zur Erlernung der teutschen| Briefe gehöre, und wie dieselben nach den| neuesten gewöhnlichen| STYLO| An hohe Standes und andere vornehme| Personen, Seines gleichen und gute Freunde, wie auch| Galantes und honêtes Frauenzimmer auszufertigen;| Welches in diesem| Ersten Theil| Bey dem| COMPLIMENT-Schreiben| Durch genugsame| Dispositiones, ausgearbeitete Muster und| Antworten, mit nothwendig darzu gehörgen| Erinnerungen, nebst einem| Teutschen/ Frantzösischen und Italiänischen| Tittular-Buch| An das Liecht gestellet worden| Von| MELETAON| [rule]| Nürnberg, in Verlegung Joh. Christoff Lochners.
Contents |
Description
Pt. 1
Frontispiz [Raum, in dem zwei Schreiber an Tischen beschäftigt sind: hinten eine Dame, die einen Brief durch eine Dienerin erhält, vorne rechts ein Herr mit Perücke, der einen Boten mit Lanze beauftragt und soeben den Siegellack für den bereits gefalteten Brief über einer Kerze vorbereitet.]/ [p.i] rotdruck/ [p.iii-ix] Dedication: Samuel Faber des Nürnbergischem Gymnasii Egydiani best-verdientem Rectori, Datum: 9. Jan. 1713, unterzeichnet: Johann Leonhard Rost/ [p.x-xxii] Vorrede, unterzeichnet: Meletaon, Datum: 9. Jan. 1713 [im Augsburger Expl. sind die letzten Seiten in das Register des zweiten Bandes eingebunden]/ p.[1]-304 Tittular-Buch/ [p.305-328] Register.
Pt. 2
p.[1]-1110 "Des Neu-eröffneten Teutschen-Briefe Cabinets erstes Repositorium" etc./ p.[1110-1154] Inhaltsverzeichnis/ p.[1555-1192] Register, Errata.
Shelf-marks
{Augsburg UB: III.1 8° 184- 1,1 [bis p.440]} {Augsburg UB: III.1 8° 184- 1,2 [p.441-1200]}
Bibliographical Reference
G. Dünnhaupt
Author
Meletaon, i.e. Johann Leonhard Rost (1688-1727).
Remarks
Briefsteller mit Auflösung des Pseudonyms Meletaon und mit deutlich ausgekostetem Angebot hier mehr über den Autor verraten zu können.
Excerpt
Widmung
An den Rektor aus Gymnasialzeiten, der Rosts Begeisterung für die Poesie und die "belles lettres" geweckt haben soll. Markant: Die Verbindung Rost-Meletaon wird hier aufgelöst. Jedoch kein Wort des Rückblicks auf die Romane, die Rost während der letzten Studienjahre in Jena schrieb.
Vorrede
An die Leser gerichtet. Rost entschuldigt sich unter anderem für Rechtschreibfehler, bei denen sich Nürnbergische Wendungen einschlichen Nürnbergisch ist jetzt, nit und dann, regulär dagegen itzt, nicht und denn.
Die Idee zu dem Briefsteller sei vom Verleger gekommen, der Rost ersuchte, einen Secretair zu überarbeiten, der jedoch sei für die galanten Zeiten nicht mehr tauglich erschienen.
Die Vorrede bietet einen Nachklapp zum Schau-Platz der gelährten und galanten Welt (Nürnberg: J. Chr. Lochner, 1711).
- [p.1,xvi] Was ich hiervon vor weitere Proben liefern dörffte, wird die Zeit den Ausschlag geben; ob gleich inständiger Bitten eingelauffen, ich möchte die Hand an den Dritten Theil zu den Schau-Platz der Galanten und Gelehrten Welt legen: ist doch nicht meine eigene|<xvii> Schuld, daß nich hierinnen willfahre, indem es mir mit den beeden ersten Theilen ergangen, wie dem Herrn Menantes, mit seiem Satyrischen Roman,link denn unerachtet ich mich damahl in der Vorrede genugsam erkläret, wie ich nur die Universitäts-Vanitäten und allgemeine Laster zu censiren, nicht aber das Hochlöbliche Academische Frauenzimmer zu beleydigen begehret, haben sich doch verschiedene, aus Verhetzung und Feindschafft ihrer Mißgünstigen, so weit einnehmen lassen, daß sie mein Thun vor ein Crimen læsæ Castitatis ausgeleget, und mir gerne zum Schutz unschuldiger Frauenzimmer, die Acht- und Ober-Acht ausgewürcket, wo nicht der Richter ein Bedenken getragen, wider die Morale einen Ausspruch ergehen zu lassen, welcher sich erworbenem Ruhm und der offenbahren Wahrheit, entgegen gelauffen|
- Überredet man mich, den Dritten Theil heraus zu geben, so sollen die galanten Universitäts-Kindergen ihr Plaisir finden, wie ich ihre Partie halte, und daß ich ihre Tugenden eben sowohl berühren, als die Laster mancher barmhertzigen Schwester, durch die Hechel ziehen kan.
- Bey solcher Gelegenheit werde Anlas nehmen, die vermeinte Scharte der Beleydigung gäntzlich auszuwetzen, und ferner rühmen, daß mich niemahl ein Academisches Frauenzimmer disgoutiret, sondern mir mit aller Complaisance begegnet, davor mich auch jedem honêten und galanten Frauenzimmer, zu angenehmen Diensten beständig offerire.
- Bin ich demnach versichert, daß mit dem Dritten Theil zum Schau-Platz der Galanten und Gelehrten Welt, eine Ehre einlege, so dörffte man sich hierzu leicht persuadiren, wiewohl ich auch auf einen galanten Roman meditiret, unter dem Titul: Die Liebe|<ixx> grosser Herrem und vornehmer Damen an den berühmtesten Höfen in Europa. Über dieses, ist die Durchlauchtigste Printzessin Andromeda aus Arabien, auch schon angefangen deswegen ich nicht weis, welches zu erst wehlen soll, sondern zuvor die meisten Stimmen einholen muß.
- Diejenigen, nehme aber nicht an, welche sich bißhero so sehr über meine Feder mocquiret, denn weil ihr Judiciren und Raisoniren gar zu passioniret, so mögen sie nur wegen meines Thuns unbekümmert bleiben, ich erkläre mich auch hiermit öffentlich, daß ich nicht eher aufhöre zu schreiben, biß ich in Erkänntnuß der teutschen Sprache so weit gekommen, daß meinem Nechsten darinnen nicht nur ein Vergnügen, sondern auch einen Nutzen befördern kan.
- Nechst den andern Theil des Neu-eröffneten teutschen Briefe-Cabinets wird|<xx> auch auf die Oster-Messe en Tractat folgen; Von der Nutzbarkeit des Tantzens, wie viel selbiges zu einer galanten und wohlanständigen Conversation und Aufführung bey einem jungen Menschen und Frauenzimmer beyträget, auch wie man dadurch, so wohl die Kinder, als erwachsene Leute von beyderley Geschlecht, zur Höfflichkeit, Artigkeit und Freymüthigkeit anweisen soll.
- Das mehreste davon ist schon fertig, und so geschrieben, daß man es mit Lust und Nutzen lesen kan, zumahl wenn ich des berühmten Pater Abrahams von s. Clara, nachdrückliches Nota Bene, oder wie es in der Grund-Sprache heisset: Mercks Tölpel, hinbey füge, welches mir derjenige Author abnöthiget, der in verwichenen Hunds-Tägen, seine ausgeheckte|<xxi> Studenten Mißgeburten durch die Trödel-Frau in Altdorf verkauffen lassen.
- Wiewohl, alle rechtschaffenen Leuthe rathen mir, ich sollte die edle Zeit nicht damit verderben, weil sich ohnedeme ein raffinirter Kopf in H. due Mühe geben will, des erwehnten Authoris, metamorphorisirtes Leben und hochteutsche Critique über dessen Arbeit, cum notis variorum, trucken zu lassen.
- Sollte aber wider alles Vermuthen, ein Hanns Wurst, sein Nach-Spiel zu einer Comödie, dem Pasquino auf die abgestossene Nase setzen: so wird er die Antwort, oder das Raisonnement darüber, bey dem Marphorio, am Ende des Rückens finden, damit er sich daselbst desto besser spiegeln und sein Portrait deutlich erkennen kan.
- Ich meines Ortes, besorge mich um nichts, als wie ich die Feder|<xii> immer besser zu nützlichen Sachen schneiden, und dadurch würdiger heissen möge
- Des nach Stand und Würden
- beehrten Lesers
- Nürnberg den 9. Januarii 1713
- Dienst-ergebenster
- MELETAON
I Fach von den Teutschen Briefen überhaupts, wie man sich bey deren Erlernung verhalten sol, und welches die besten Authores, so davon geschrieben. <II 2>
Das Briefesschreiben stehe in Deutschland nicht so hoch im Kurs wie es sollte, daran tragen auch die Schulen schuld:
- Die teutsche Wahrheit zu sagen, so sind heunt zu Tage fast alle Schulen nicht zum besten bestellet; denn man lehret den Kindern meinstentheils solche Sachen, die ihnen nichts nutzen, und martert sie so abscheulich mit dem Latein und Griechischen, daß ihnen darüber der Lust zu allen andern Wissenschafften vergehet, ja, es ist recht lächerlich, daß man die teutschgebhorne Jugend in andern frembden Sprachen gelehrt; in ihrer eigenen Muttersprache aber zu Ignoranten machen will. [p.II.4]
Rost zitiert Lockes Buch über die Erziehung der Kinder (in deutscher Version). Deutsche Briefsteller Junkeres (Leipzig 1711), Bohse/Talander (Jena, 1710), Weise Curiöse Gedancjen von teutschen Briefen (1702), Menantes Oratorie (Halle, 1709) - ich begreife nicht ob er den Briefsteler nicht gekannt, sieht fast so aus, denn er rätselt, warum, Menantes das mit der Oratorie verband. Lange, Einleitung zur Oratorie (1706), Hübner, Neukirch ibid.
Unter den Briefen gibt es im Verlauf mehrere, die von Rost stammen werden, respektive an ihn gingen.
p.2,70-88 Wie man verschiedenen Leuten schreibt - Alten, Einfältigen usw. dabei die komplette Lehre der drei Laster mit Angaben der Mischcharaktere, die Briefe unterschiedlichen Designs benötigen.
p.2,410 beklagt sich der Freund von dem nach Leipzig umgezogenen nichts wieder gehört zu haben und mutmaßt, er werde sich galant mit dem Leipziger Frauenzimmer divertieren.
Antwort [Meletaons] aus Leipzig: p.2,412-14, das mit dem Frauenzimmer sei falsch, er sei nach wie vor so unschuldig wie dazumalen in N. Wenn der Freund nach Leipzig kommen wolle und ihm, [M], dort Termine mit dem Frauenzimmer arrangieren wollte, dann wolle er diese Termine auslassen und stattdessen die Zeit mit dem Freund verbringen.
p.2,414-415 in der Angelegenheit Sarcanders Roman Amor auf Universitäten (Cöln, 1710).link Man begriff schnell, daß ein Nürnberger der Autor sein müsse und verdächtigte M[eletaon], der jedoch der Noris (Leipzig: J. L. Gleditsch, 1711),link die auf den Druck warte, eine Replik darauf anhängen wolle.
- Weilen ich nun weiß, daß Sie ein Liebhaber neuer Romanen, oder anderer Poëtischen Erfindungen, so überschicke hier etwas, welches kaum aus der Presse gekommen, da es schon in Nürnberg auf Anhalten eines|<415> interessirten Frauenzimers confisciret worden. Der Titul ist Amor auf Universitäten, und der Autor gibt sich den Griechischen Namen Sarcander, ist aber so unglücklich gewesen, daß man den Teutschen gar leicht errathen, daher er sich auch wegen dieses Pasquills aus Nürnberg retiriren müssen, dann er hat darinnen vornehme und geringe Leute, ohne Scheu angegriffen, und ihnen die garstigen Laster angedichtet, wie Sie aus der Durchlesung ersehen werden. Es gereuet mich zwar, daß Ihnen so viel Mühe zumuthen soll, doch ich thue es darum, damit sie sehen, was heunt zu Tage vor Sayrtequen unter dem Titul eines Romans die galante Welt bedienen sollen. Man hat in Nürnberg den Herrn M. vor den Authorem gehalten, er wird aber mit ehestem eine Defension an eine seiner Schrifften, die in Leipzig unter der Presse, mit anhängen, und dem Verfertiger solche Pillen geben, daß er sich die Lust zu weitern Schreiben dörffte vergehen lassen.
p.2,416-417 Antwort des Freundes, T., nach Zusendung des Romans Sarcanders. Das Ding ei ein "Pasquill" und die Betroffenen würden schwerlich darüber schweigend hinweggehen. Der Autor habe des sächsischen Stil imitiert, es seien ihm jedoch dabei jede Menge Nürnberger Expressiones untergelaufen. Das meiste der Geschichte sei wohl erdichtet, obwohl der Autor das Gegenteil glauben machen wolle. Der Korrespondent will M[eletaon] kennen und freue sich jetzt schon auf dessen Erwiderung, da bekannt sei, daß dieser Autor satyrisch wie ernstlich schreiben könne.
p.2,608-678. Briefe hochrangiger Politiker - Kaiser an Marborough etc. politischen Büchern entnommen, zum Teil mit Quellenangabe.
p.2,693-695. Zu Jena als Studienort (im Vergleich mit Wittenberg). Man hatte dem Schreiber schon davon berichtet, wie angenehm Jena sei, das habe sich dann in den ersten 24 Stunden des Aufenthalts bewahrheitet:
- Da ich nun kaum 24. Stunden in Jena gewesen, sahe ich, daß einen Ort angetroffen, worinnen man zu tausenderley Arten der Lustbarkeiten, so wohl in der Stadt, als auf dem Lande, genugsame Gelegenheit hat, denn die Pursche daselbst leben als Brüder, und wird keiner vor dem andern eine Præcedentz suchen, ob schon an Vornehmen eben so grosse Anzahl als Geringen daselbst zu gegen. Will man nicht auf seiner Stuben bleiben, gehet man auf die Keller, wo beständig Copagnien anzutreffen, da man sich die Zeit bey einer Pfeiffe Toback, mit Conversiren, oder Spielen, vertreiben kan. Ist ein schönes Wetter, begibt man sich auf das Land, wo mir sonderlich der Schieser-Hof bey Dornburg, Schöps und Ketschau wol gefallen, weilen man daselbst was Gutes zu essen und trincken findet, die andern Dörffer und Schencken, als Zwetzen, Borstendorf, Schwabhausen, Volckertsro|<2,695>de, Lehnstädt, Viertzenheiligen, Holstädt, das Jägerhaus, und dergleichen, sind auch sehr renommiret, ihren Appetit stillen können. Der Herr Bruder muß nicht gedencken, als ob ich überall gewesen, und es ex praxi schriebe, sondern ich habe es mir nur erzehlen lassen, und kan gar keine rechte Beschreibung von Jena geben, weil ich mich kaum ein paar Monat da aufhalte. Nichts destoweniger glaube ich nun, was mir meine Herren Lands-Leute referiret [...]
Menantes taucht zwar im Register auf, leider jedoch nur mit den Titeln, die von ihm zu Anfang (aus der Oratorie) notiert worden, mithin nicht mit einem Brief an Meletaon. Roman hat einige Einträge - jedoch nur zu Stellen im Buch, da M. die Lesung von Romanen recommendiert.
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