Rotterdam


 

Pierre Bayle

Den 6. Augusti conversirten wir mit Mr. Baylen,* der seinen discours mit dem lobe Thomasii* anfing, und beklagte: daß die Buchführer in Holland seine und andrer Gelehrten Schrifften aus Deutschland sich nicht zulegten, wie er denn viel von seiner Disput. De Crimine Magiae* gehört, sie aber noch nie kriegen können. Daß Thomasii Sittenlehre lateinisch vertiret* werde, sey ihm sehr lieb. Mr. Breßlern,* der ihm die 2 letzten Scripta Buddei* zugeschickt, nennte|<734> er Helluonem librorum,* lobte seine Höffligkeit, und erzehlte: daß er opera Hutteni cum vitâ ejusdem* ediren wolle.

Man habe ihn (Baylen) beschuldiget: daß er Spinoza* Meinung in der ersten Edition seines Dictionnaire nicht recht vorgetragen, er habe aber nunmehr gewiesen, daß keine andre aus seinen Scriptis zu verificiren.*

Indessen sey gewiß: daß Spinoza seine Meinung (auch in geschriebnen Episteln) so vorgestellt, daß er, wenn man ihn vor Gericht gefodert, immer ein refugium haben und sich besser erklähren können.|<735> Aber das sey auch gewiß, daß nichts elenders sey als die Beantwortung der dubiorum,* so ihm andre gemacht.

Was Spinosae mores* betreffe, so habe er im Haag mässig gelebt, und von Hausrath, Sauffen und Pracht nichts gehalten. Viel Maecenates habe er nicht gehabt, die ihm was gegeben, sondern es habe ihm ein Mennist jährlichen Unterhalt verschafft. Und ob er wohl von Ministris zuweilen zu sie invitiret, und in rebus ad statum pertinentibus consuliret* worden, (als|<736> worinnen er sehr scharffsichtig gewest) so habe er doch davon kein Geld gezogen.

Als wir erzehlten, daß einige Spinozam zu einem Manne machten, der seine Meinung frey mercken lassen; andere aber behaupteten, daß er sie verborgen; meinte Mr. Bayle, es sey vielleicht beydes wahr, wenn man die Zeiten distinguire. Denn zu den Zeiten der Herren von Witt* habe jeder frey reden mögen, und also scheine es, daß es auch Spinoza ehe er seinen Tract. Theologi|<737> Politicum publiciret, gethan, hernach aber, als dieser ihm so viel üble judicia zugezogen, und er sich einer inquisition befürchten müssen, habe er ohnzweifel vorsichtiger verfahren.

In Franckreich habe die Hexen-inquisition und bestraffung ziemlich abgenommen, nachdem einst der König auf 80 Personen, so deßwegen gefangen gesessen, zugleich oder auf einmahl los und freygelassen. In der Schweitz aber, auch wo es pur reformirt sey, sey der gemeine Hexen-|<738>Process noch in viridi observantiâ.*

Hankeus* erudition aestimire er sehr. Er schreibe laborieuse dinge, und habe er viel Scripta von ihm.

Daß Dacieria* päpstisch worden, wäre sich nicht zu verwundern, denn es hätten es mehr grosse und gelehrte Leuthe gethan, egr. Pelisson* der von admirablen ingenio und esprit gewest.

Diese Dacieria, ob sie schon noch, so viel studieret, sey dennoch sehr geschickt und klug in der Conversation.|<739> Wenn sie unter lauter Gelehrten sey, so rede sie von gelehrten Sachen; wäre sie aber bey Damen oder andern Leuthen, die nicht gelehrt wären, so wisse sie von anderen Dingen zureden und sich recht galant aufzuführen.

Der Scudery* Romaine wären zu ihrer Zeit die besten gewest, aber weil die Länge derselben (indem sie aus vielen Tomis bestanden, davon nur immer einer auf einmahl heraus kommen) die Leser zu lange wegen des Ausganges in suspenso* gelassen, wären sie endlich verdrüßlich wor-|<740>den. Daher nachmals die kurze Romaine, so man in wenig Stunden auslesen können, und darinen dennoch schöne penséen und eine nette Einrichtung ist, mode und beliebet worden.* Wiewohl itzo komme diese Schreibart fast gar in Verachtung, daher man angefangen vera Historica* mit unterzumischen.* So hätte es die d'Aunoy* gemacht, in deren Reise* viel verliebte und andere figmenta unter die Warheit gemischt wären, und diese Madame wäre itzt am Parisischen Hofe in diesem genere scribendi* die beßte.

Als wir der Scudery Romai-|<741>ne deßwegen vor andern herausstrichen, weil darinne schöne moralia und die affecten wohl exprimiret werden; hingegen das tadelten: daß sie die Personen in der Clelie* nach dem französischen genie gebildet: so concedirte Mr. Bayle, das erstere, das letztere aber excusirte er, und zwar damit, weil 1. auch der allergelehrteste nicht capable sey durch ein grosses Werck in allem den Genie der Grichen und Römer zu exprimiren. 2. Weil die Romane von Leuthen gelesen würden, die eben nicht gelehrt wären, und die, wenn|<742> sie nicht ihren, oder einen bekannten Genie fänden, wenig Geschmack dran haben würden. 3. Weil die Scudery unter den eingeführten Personen meist Franzosen abgeschildert: egr. unter der Plotine eine gewisse Hofdame, unter dem Amilcar den Pelisson, und unter dem Scaurus den Scarron.* Wie denn ettliche den Schlüssel über die Clelia haben wollten.*

Rochefort* sey ein gelehrter Herr gewest, und habe seine Memoires selbst gemacht.

Daß Maintenon* in Franckreich mitregiere, glaube er nicht.|<743> Denn sie sey schon bey anderthalb Jahren immer kranck, also daß sie ihren Kopff menagiren müsse, und mehr auf Artzney als Staats-Sachen dencken könne, ob er ihr wohl eben sonst nicht alle Geschickligkeit hierzu absprechen wolle.

Der Pere la Chaize* regiere auch nicht weiter, als in rebus Ecclesiasticis.* Die Staats-Sachen aber tractire der König mit 2 oder 3 Räthen.

Der Cardinal d'Estrée* sey der schlaueste von seinen Ministern, damit der König aber die andern nicht disgoustiret, so habe er niemahls mit ihm en|<744> particulier was tractiret. Dieser Ministre habe seine Klugheit dadurch perfectioniret, weil er in den verschlagensten Höfen, nehmlich zu Rom und Venedig aufs Königs Verordnung sich aufgehalten.

Rom sey promiconda intimae statisticae prudentiae.*

Er wundere sich, daß in Kayserlichen Landen die Protestierenden so unglücklich wären, da doch der Kayserliche Ambassadeur Vratisla* im Haag offt versichert; daß der Kayser parat sey in allen seinen Landen die Reformirten zu dulden und einzunehmen.|<745>

Er (Bayle) verstehe kein Englisch, auch so wenig Holländisch als Hochdeutsch.

Mr. Bayle kommt seinem exterieur nach dem Herrn Kr. Kauffm. in Breßlau sehr bey. Er ist unverheyrathet, und so sehr er sich auch in den Büchern vertieffet, so findet man doch an ihm nichts Pedantisches. Er ist sehr conversable, und redet noch ziemlich fertig und gut Latein.

 

Caspar Kohlhans

Den 7. Augusti sprachen wir den Herrn Kohlhans.*|<746> Aus seinen discoursen habe nur diese behalten:

Seine versio Novi Testamenti* dörffe noch wohl zu stande kommen, allein weil er sie gerne so machen wolle, daß ihn niemand einer Partheiligkeit beschuldigen könne, so koste sie ihn viel Mühe.

Trillers version* sey besser als Reizii,* ob wohl auch diese in ettlichen Stücken gut sey.

Francke* habe sein Nov. Testamentum Graecum nach den Oxfortischen Exemplar edirt,* und viel varias lectio-|<747>nes,* ausser den bißher angemerckten, beygefügt. Allein er (Kohlhans) habe noch über diese über 1200 varias lectiones annotiret. Herr Franckens Praefation sey vortrefflich.

Vor seine version werde er auch eine Vorrede setzen, denn ohne dieselbe würde er sonst seinen Zweck nicht erreichen: Er wolle sich bemühen, sich an den Grundtext genau zuhalten, und viel Worte, so man bißher mit vielen Worten umbschrieben, nur mit einem übersetzen, das doch recht adaequat sein werde.|<748> Wo aber ein Wort im Grundtexte einen doppelten sensum habe, werde er denselben dabei anmercken, damit jeder nach seinen Verstande das beßte wehlen möge. Viel Worte werde er gantz anders vertiren als bißher geschehen, egr. das Wort Diabolus heisse eigentlich ein Lästerer, und werde nicht allezeit vom Teufel gebraucht, wiewohl auch das Wort Teufel aus dem Worte Diabolus gemacht sey, nur daß man sich vulgo* einen so crassen concept davon formire. Daemones hiessen|<749> auch nicht Teufel, noch auch propriè schlechtweg Geister, wie πνευματα, sondern der Verstorbnen Seelen. Angelus aber heisse eigentlich einen Botschaffter, und an vielen Orten gar nicht einen Engel, wie wir uns einbildeten. ~άδυς bedeute auch keinen gewissen Ort oder die Hölle, sondern den Stand, darinne sich die Gottlosen post mortem befänden, wie auch das Paradis nicht den Himmel, noch der Himmel certum locum,* sondern statum.*

Wir nenneten uns so gerne|<750> Christen, welches doch die Apostel nicht gethan; denn dieser Nahme sey ihnen per ludibrium* von denen Heyden zu Antiochiâ gegeben worden; daher auch Paulus die reprehendirte, die sie Paulisch, Christisch etc. nennten.

Wenn die Seelen post mortem gleich zur ewigen Verdammnis oder in die Hölle kämen, so dörffte kein Gerichtstag kommen. Allein die, so von der Wiederbringung schrieben, hätten doch den mittlern Zustand der Seelen von der Reinigung noch nicht recht eingesehen. Denn wenn|<751> die revolutio animarum* nach Pythagorae und Platonis Meinung (die sie ohnzweifel von den Juden hätten) stat hätte; so kämen die Seelen post mortem nicht in die Hölle, sondern wieder in die Welt, umb da durch den Glauben seelig zu werden, so sie wollten; denn ausser in der Welt sey kein Glaube und Bekehrung. Und gewiß, es sey nun Zeit, daß man durch den Glauben zu Gott komme, denn hernach dörffe keine Rettung|<752> mehr sein.

Francke sey ein frommer Mann, der eine grosse Erkenntnis habe. Aber er wundere sich, daß er noch am Beicht-Wesen hange, vor welchem er ein unaussprechliches Grauen habe. Die Fürsten sollten es mit Macht abschaffen, denn hätten sie Recht gehabt, die Papistischen Ceremonien abzustellen, warumb nicht auch die Beichte? Sollte diese wegfallen, und|<753> und die Tauffe nebst dem Abendmahl in der Freiheit eines jeden stehen, sich selbige selbst zu administriren, wie billich; so würde es in Rep. besser stehen; so aber hätten die Praedicanten noch immer die Hand mit in der Regierung.

Die Reformirten Prediger suchten hier den Quakern auf alle Weise ihre Freyheit heimlich abzuschneiden, allein der Rath sey viel zuklug, ihnen hierinnen zu willfahren.

Consuetudo* sey eine rechte Pest, die er euserst hasse.|<754> Er thue nichts propter consuetudinem,* sondern blos ex bonâ causâ.*

Er habe Winckleren* in Hamburg, sonderlich in puncto der Tauffe feste gefaßt,* und thue er klug, daß er nicht antworte.

Bourignon* sey sub habitu Pietatis* eine Betrügerin gewest.

Der Herr Kohlhanns mag schon ein Mann von mehr als 50 Jahren sein, er ist groß von Person und sehr hager. Er hat vor diesem dem Hertzog von Sachsen-Lauenburg|<755> gedienet, der ihm ein gewiß Stücke Land nach eignem Belieben zu regieren anvertraut, allwo er sich auch bemühet, alles recht Christlich einzurichten, aber vergebens, nachdem ihn die eingeführten consuetudines und andere Dinge nicht abbringen können. Nachmals ist er auch auf 10 Jahr in Sultzbachischen Diensten gewest. Er hat noch biß dato vornehme Anverwandte, die theils in Höfen theils im Kriege ansehnliche Chargen besitzen. Umb derentwillen er auch nicht ger-|<756>ne als ein Quaker (der er doch bey vielen Jahren her würcklich ist) in der Welt bekannt sein wil, und dahero lieber gesehen, daß Herr Arnold ihn in seiner Ketzerhistorie im Cap. von den Quakern ungenennet gelassen. Gleichwol leugnet er nicht, daß er es mit den Quakern halte, sondern er bildet sich vielmehr mit seinen edirten Verteidigungen dieser Secte* sehr viel ein, indem|<757> er sich rühmet, wie er diesem und jenem orthodoxo so brav abgekämmet. Indessen ist nicht zu leugnen: daß er ein Mann von ungemeinem ingenio sey, daß er seine paradoxa sehr wahrscheinlich zu machen wisse, und Gedancken habe, die bißdato noch kein Quaker behauptet hat, dahin ich denn sonderlich die Meinung von der Wanderung der Seelen aus einem Leibe in den anderen referire. Er ist übrigens ein freundlicher und nicht un-|<758>höfflicher Mann, denn ob er wohl als ein ächter Quaker seine Mütze nie vom Kopffe nimmt, und von den gehorsamen Dienern* nichts hören läßt, so bezeigt er doch seine Höfligkeit durch freundliche Minen, und einer tieffen Bückung seines Leibes. Er sieht von Gesichte übel aus; und wer sonst nicht wüßte, daß er ein Quaker wäre, der sollt es doch leicht aus seinen Augen schlüssen.

 

Paulus Crellius

Den 8. Augusti haben wir|<759> den Correctorem in der Typographie des Leers,* Paulum Crellium* gesprochen, und aus seinen discursen diese merckwürdig befunden:

Sandii* Mssta. habe Benedictus Wissowatius,* der die Bibliothecam Anti Trinitariorum* edirt, und itzt ein Pastor in den Landen des Königs in Preussen sey.

In den Platonisme devoilé sey die absurditaet der Lehre de Trinitate, und wie dieselbe ex Platonismo herkomme deutlich gewiesen.|<760>

Es habe zwar einst in Amsterdamm ein französische Domine in einer Predigt auf dieses Buch gräulich gescholten und es ein Socinianisch, Arianisch und Atheistisch Buch genennt, auch die Auditores trefflich daßelbe zulesen abgemahnt; allein der Verleger habe sich ihm davor sehr verbunden erkannt, weil er nie mehr exemplaria verkaufft, als nach dieser gehaltenen Predigt, als durch welche ein jeder dieses Buch zu lesen begierig war.|<761>

Mit Mr. Baylen sey er sehr wohl bekannt. Er sey vielleicht der Religioni Philosophicae* zugethan.

Der Journale würden so viel, daß man bald würde Excerpta Excerptorum lesen müssen,* denn wer wollte die Journale alle durchlesen?

In Engelland mache man keine so grosse distinction inter Reformatos et Remonstrantes.* Die Schrifften Episcopii,* Limborchi* und Clerici* sind daselbst in grossem aestim, auch daher ins Englische übersetzt. Zu Oxfurth wird über Clerici Opera*|<762> Philosophica gelesen, und habe ihm ein vornehmer Engelländer erzehlt: daß, wer in Engelland eine Bibilothec und darinne nicht Limborchii und Clerici Schrifften hat, eben so viel aestimirt werde, als habe er nichts. So bald als Clericus was edire, so werde es ins Englische übersetzt.

Cleriucus sey arm und schreibe continnuè, wenn er ein Buch fertig habe, so fange er das andere an. Gleichwohl müsse man sagen: Clericus scribit libros, non exscribit.*|<763>

Weil Bernard* so viel schreibe, so habe ihm einst einer solches vorgeworffen, mit dem Beyfügen, daß er unmöglich limam* bey solcher Geschwindigkeit adhibiren könne, darauf aber Mr. Bernard geantwortet: Domine mi, in Hollandiâ sum, uxoremque et liberos habeo.*

Isaacius Vossius* sey sehr geil gewest, und habe die Religion und Bibel nicht viel aestimirt, daher einst die Hertzogin de Mazarin* (so in Engelland gestorben) zu ihm gesagt: tu intelligis omnia, praeter Biblia.*|<764>

Als einst Episcopius mit Gerh. Joh. Vossio* von der Religion conferiret, und Vossius sich auf die Autoritaet der Patrum beruffen, habe Episcopius gesagt: Quid Provocas ad Patres? expecta aliquot secula, et nos quoque Patres erimus.*

Die Unitarii hätten nirgends keine Kirchen, auch in Pommern und in der Marck nicht, sondern sie kämen nur in Häusern zusammen. Man könne von ihnen sagen: Sociniani sunt ubique et nullibi.*|<765>

Jurieu* sey Papa Roterodamensis. Er sage in seinen Prejuges:* inter Socinianos non posse esse electos, quia adeo parva sit eorum Ecclesia, ut Deus non habeat, quod eligat.*

Er und sein Bruder hätten in Halle studieren wollen, aber die Herrn Theologi, sonderlich Francke hätten sie nicht annehmen wollen. Allein da ihrer zwey Studiosi sich nicht vor so viel Gelehrten Männern gefurcht, warumb hätten sich denn so viel Gelehrte Männer vor zwey Studenten ge-|<766>fürchtet.

Jurieu komme ihm vor wie Augustinus. Denn er habe, wie er in Franckreich verfolget worden, trefflich de tolerantiâ* schreiben können, aber nun er hier groß worden, wollte er lieber alle dissentirende fortjagen.

Es habe noch Socinianer in Pohlen, aber verborgen, unter diesen sey einer der Morstein* heisse und Ralatinus Masoviae sey.

Nimericius* sey brandenburgischer General Major und mit bey der Entsetzung Wiens ge-|<767>west: er habe es mit den Arrianern gehalten, und zwey Söhne verlassen, deren einer Legations-Rath in Berlin sey, der ander aber in Breßlau lebe.

Augustinus habe seine Confessiones nur aus Ehrgeitz geschrieben und edirt, damit die Leuthe seine Pietaet und Demuth rühmen möchten.

Clericus habe das 1 cap. Joh. vortrefflich ausgelegt.* Daher, als einst ein gewisser Socinianer mit einen orthodoxo de trinitate* disputiret, habe dieser gesagt: er könne zwar andre argumenta brauchen, er wolle es aber itzo nicht|<768> thun, sondern ihm (dem Socinianer) blos des Clerici Anmerkungen über das 1 Cap. Joh. vorlegen, da er ihm darauf das, was Clericus daselbst contra Socinum* vorgebracht, antworten möge. Allein der Socinianer hatte dagegen nichts aufbringen können.

Er sähe nicht zu was die Lehre de Trinitate nöthig sey. Denn zugeschweigen, daß sie contradictorisch sey, so wären es Worte, davon die Einfältigen nichts verstünden, nun müßten aber articuli|<769> fidei* so klar sein, daß sie auch vom Pövel könnten verstanden werden.

Seiner Meinung nach müsse man sich weder an Socinum, noch Lutherum, noch Calvinum hengen, sondern blos an die Schrifft und Vernunfft. Zumahl da man nicht genau wisse: ob nicht diese Leuthe an ihrem Ende sich in vielem geändert? und ob sie nicht manches anders gemeinet, als wir es erklährten etc.

Es taure ihn, daß er nicht Thomasium gesprochen. Seine Lehre de temperamentis, et|<770> differentiis hominum* komme ihm auch so sonderbahr und wahrscheinlich vor, daß er ein groß Verlangen habe, seine Ethic zu lesen.

Dieser Crellius ist noch ein junger Mensch, aber von einen geschwinden Kopff und Mundwerck. Er redet fertig französisch und latein, und ob er wohl hochdeutsch versteht, so will er es doch nicht reden, weil er es immer mit dem Holländischen vermischt. Er hat drey Brüder, deren der älteste im Crossnischen, der andere in Engelland und der dritte in Franckfurth lebet. Er ist|<771> ein Enkel des berühmten Unitarii Joh. Crellii, und von solchem Fleisse, ingenio* und Verstande, daß er seinen Groß-Vater leicht gleich werden kan. Kein purer Socinianer ist er nicht, denn er erkennet gar gerne, daß auch Socinus gefehlet, wie er denn unter anderem nicht glaubet, daß die Seele nach dem Abschied aus dem Leibe keine Empfindung habe.

Allein in den Hauptpuncten scheint er doch mit ihnen einig zu sein: welches an diesem sonst so geschickten Menschen rechtschaffen zubetauren ist.|<772> Wiewohl ich aus der wenigen conversation mit ihm gesehen, daß er so gar hartnäckig nicht sey, daß er der Warheit nicht weichen sollte, wenn man nur mit Liebe und gehöriger Klugheit sie ihm vorzustellen weiß. Zwar was die doctrin de Trinitate betrifft, wie sie unsre Orthodoxi haben, so würde man sich wohl vergebens bemühen, denn weil er nichts glauben will, davon er keinen Beweis siehet, und das er im minsten nicht begreiffen kan,|<773> so ist es wohl nicht möglich ihm eine Lehre beizubringen, davon auch die allergelehrtesten nicht das bitterste begreiffen.

 

Jacques Basnage de Beauval

Den hier noch lebenden Jurieu suchten wir zweymahl vergebens, daher wir niemand mehr in Rotterdam gesprochen, als den Herrn Basnage,* der wegen seiner Kirchenhistorie* und derer wieder den Bossuet edirten Schrifften* satsam bekannt ist. Es scheint nicht, daß er sich sonderlich mehr umb rem literariam bekümmert, welches er entweder so simulirt, oder durch sein Ampt|<774> (indem er ein Prediger ist) daran verhindert wird. Gar zu alt ist er noch nicht, er ist von mittler Statur, und von Gesichte etwas roth. Er redet noch ziemlich Latein, und zeigt in seinen discoursen ein gut ingenium. Seine conversation ist nicht unangenehm nur dörffte das einem Frembden nicht allerdings anstehn, daß der Herr Basnage mehr fragt als antwortet. Daher auch aus der zumahl kurtzen conversation nur dieses zu annotiren gefunden:

Mr. Bossuet* sey allerdings|<775> ein hitziger und ambitieuser Mann, der aber doch die Controversie mit dem Ertzbischoff von Cambray* nicht eben deßwegen angefangen, daß er dadurch in Schrifften eine glorie davon trüge, sondern es stecke ein particulair interesse darunter. Die Sache habe, wie bekannt, die Madame Guyon* betroffen. Diese nun sey eine sehr schöne Dame gewest, deßwegen jeder von diesen zwey Praelaten das prae bey ihr zu haben gesucht und zu einer Zeit Amour bey ihr|<776> erlangen wollen. Weil nun Mr. Fenelon hierinnen reussirt, so sey Bossuet darüber jaloux und durch diese jalousie dahin gebracht worden, daß er sich bemühet, die Mad. Guyon und den Fenelon in puncto religionis suspect zu machen. Hierzu habe nicht wenig beygetragen: daß der König den Fenelon der Duchesse de Bourgogne* zum Beicht-Vater designiert gehabt, und daß also dieser Praelat nachdem er noch dazu des Duc de Bourgogne Praeceptor|<777> gewest, ein wenig zu groß werden möchte.

Er (Mr. Bânage) und Mr. Bayle wären sehr gutte Freunde, und communicirten einander viel Sachen. Des Bayle Commentaire Philosophique* wäre nicht mehr zu kriegen, und die Pensées sur les cometes* das erste Werck von diesem Autore, der selbst wüntschte, daß es in bessrer Ordnung geschrieben wäre. Es werde davon ehstens die 4te edition (jedoch ohne Supplementa) gedruckt werden.

Bayle sey vorher Professor|<778> Philosophiae allhier gewest, und hernach, ohne ihm die geringste Ursache zusagen, quittiret worden, welches er aber nicht aestimiret, indem er wenig pension und über 3 oder 4 Auditores niemahls gehabt, welches ihn offt verdrüßlich gemacht. Daher er auch nach des Königs Tode die Professoratur nicht wieder gesucht, ungeachtet er sie leicht erlangen können.